24.03.11, 13:08
moritz schrieb:Aus allen Richtungen kamen (z.T. auch falsche) Informationen zum Thema, es lohnt noch mal zusammenzufassen:
Zur Ausgangsfrage "kann man AMG Bremstechnik am R129 nachrüsten": Natürlich kann man – mit Geld geht alles! Wie oben schon beschrieben, der technische und administrative Aufwand ist sehr hoch. Wenn das was sein soll, muß nicht nur die Mechanik "passen", sondern auch eine komplette Abstimmung erfolgen, und die übersteigt noch den Aufwand für die Mechanik. Damit die installierte Bremsleistung (wird wie Motorleistung gemessen – und sollte etwa der dreifachen Motorleistung entsprechen) wirksam werden kann, müssen Räder mit passender Bereifung her. Dabei kommt es am wenigsten darauf an, daß sie mechanisch "passen"…!
Das Kosten-Nutzenverhältnis ist dabei jämmerlich! Daneben gibt es noch ein Dauerproblem, denn Hochleistungsbremsen bleiben nur fit, wenn sie entsprechend genutzt werden. Im typischen Alltag eines R129 lustig, aber unrealistisch – wenn man nicht Chris heißt ;-))! Und dann ist die aufwendige Anlage schnell nur eine Karikatur ihrer selbst. (habe selbst zwei 8 Kolben AMG Anlagen in 211ern im Einsatz…, allein die nach einem Salz-Winter wieder fit zu machen, ist eine Plage!) Die erhöhten Reserven, die eine solche Anlage bietet, werden im 129 praktisch nie genutzt. Wenn es denn unbedingt sein muß, würde ich mir die AMG-Anlage aus einem C55 genauer ansehen… (allerdings beim Preis von >€ 800 für EINE Verbundscheibe schnell wieder wegsehen…;-) )
Die Segnungen gelochter Bremsscheiben im Alltag werden mächtig überschätzt, sie sind in erster Linie ein Marketing Gag, um einem Auto einen "Auftritt" mitzugeben. Der Nutzen liegt (allein) im besseren Ansprechverhalten bei Nässe (und das auch nur, wenn man die Löcher regelmäßig frei popelt!), und wurde daher konsequent bei den Nachbarn in Stuttgart schon früh verbaut. Die Heizer auf diesen Autos wußten das zu schätzen… ;-))
Eine verbesserte Kühlung wird durch Löcher nicht erreicht – der minimale Venturi-Effekt der durchströmenden Kühlluft einer innenbelüfteten Scheibe ist vernachlässigbar. Der Preis des verbesserten Ansprechens bei Nässe sind thermisch bedingte OBERFLÄCHENrisse, die sich immer radial ausbreiten. Die maximal erlaubte Risslänge ist beim Daimler als doppelter Lochdia spezifiziert (nach meiner Erinnerung also 12 mm – und total max 25 mm). Das kann man sich erlauben, weil (solange) es sich um Oberflächenrisse (max 0,5 tief) handelt. Auch ungelochte Scheiben, zeigen bei hoher Beanspruchung solche Risse (s. Christian – der fährt allerdings auch noch rabiate Klötze). Wer das Thema Risse interessant findet (in jedem Flugzeug sind jede Menge), möge nach fracture mechanics oder Bruchmechanik googeln...
Die Serienbremse beim 129 ist wirklich nicht schlecht (auch für den verschärften Alltag), und wenn man sich mit wenig Aufwand um die Pflege kümmert, ist man auch bei einer "Gewaltbremsung" kaum schlechter unterwegs, als mit einer AMG Anlage. Die beste Pflege ist "anständig bremsen", eine Bremse zu "schonen" macht sie kaputt. Der Spruch einmal wöchentlich "rot" ist natürlich eine Übertreibung, aber der Bremse tut das gut. Zur Pflege gehört in den Sätteln die Schächte für die Klötze regelmäßig mit einer Messingbürste zu reinigen (ist Inspektionsumfang, wird aber selten gemacht) und die Anlage- und Stütz-Flächen der Klötze ganz leicht mit geeignetem Zeugs (Kupferpaste) zu behandeln. Auf gleichmäßiges Tragbild, besonders hinten, achten und vor allem die Bremse immer trocken parken. Wenn man dann noch "bremsen" kann - d.h. im Notfall sofort und kompromißlos bis in den Regelbereich des ABS reintreten!!! - ist man gut unterwegs. Das sollte man regelmäßig bei Nässe üben, dann bekommt man ein Gefühl dafür, was da abgeht!
Hallo Moritz :punk:,
ich stehe ja Deinen Threads aufgrund Deiner flapsigen, für meinen Geschmack teils anmassenden Art, immer recht kritisch gegenüber.
ABER: Zu diesem Betrag muss ich Dir mal ein dickes :danke: geben. Sehr schön erläutert und vor allem ohne jemanden rund zu machen oder sonstwie niederzumetzeln.
Zum Thema: Die Abstimmung einer Bremsanlage auf ein Fahrzeug ist in der Tat kein Kindergeburtstag - Überbremsen des Hecks ist da nur ein Thema. Rad- / Reifenkombination im Verhältnis zum Fahrzeuggewicht ein Anderes. Ich habe das mit einer Porsche-Bremsanlage in einem Frendfabrikat schon durchgezogen: Kostenintensiv und langwierig.
LG Thomas :bier:
EDIT w/Rechtschreibfehlern
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Selbstmord ist die konsequenteste Art der Selbstkritik 


